Stephanie Heinen

Poesie | Inspiration | Songs

Ich umarme das Leben

Ich bin Sängerin und kann seit vier Jahren nicht mehr singen. Woran es liegt? Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, habe aber so meine Vermutungen… Es ist auf jeden Fall eine Kopfsache. Zur Sicherheit habe ich mich untersuchen lassen, mit meinen Stimmbändern ist alles okay. Ich habe mittlerweile Frieden damit geschlossen und weiß, das Beste was ich tun kann, ist zu akzeptieren, dass es ist wie es ist. 

Noch vor kurzem bekam ich eine liebe Mail von einer alten Freundin, die schrieb, dass diese Situation sicherlich sehr belastend und verunsichernd ist für mich. Nein, das ist es nicht, nicht mehr. Es fühlt sich eher an wie die Trauer über den Verlust eines sehr guten Freundes, den man sein Leben lang kennt und der sich langsam, aber sicher immer weiter entfernt hat und mittlerweile unauffindbar ist. Dieser Freund fehlt mir, es fehlt mir der spezielle Austausch, den wir miteinander hatten.

Und ja, das tut manchmal sehr weh. Im täglichen Leben denke ich oft gar nicht daran. Aber dann kommt völlig unerwartet eine Situation, in der die Trauer mich einhüllt wie eine dunkle Wolke. In dem Moment fühle ich den Schmerz ganz bewusst, weine eine Weile und anschießend geht es mir wieder besser. 

Ich habe erkannt, der Vergangenheit hinterher zu trauern, macht mir das heutige Leben nur unnötig schwer. Ich hoffe natürlich, dass meine Stimme zurückkommt, aber wenn die Hoffnung mich davon abhält, in der Gegenwart zu leben, tut mir diese Hoffnung nicht gut. Ich bin dankbar für das, was ich hatte, und richte mich gleichzeitig auf das, was ich heute tun kann, was mir heute Genugtuung und Erfüllung bringt. Nämlich Gedichte und Blogs zu schreiben, andere zu inspirieren und für meine Familie und Freunde da zu sein.

Auch wenn ich heute nicht singen kann, weiß ich, alles ist möglich. Für die Zukunft und für die Gegenwart halte ich meine Hände und meinen Geist offen. 

Ich umarme das Leben

Ich lasse mich ein auf das was ich tue
Geb den Widerstand auf
Das gibt mir Ruhe
Sag ja zu dem was gerade passiert
Begrüsse das Heute ganz ungeniert 
Ich breite die Flügel aus 
Entdecke die Welt
Ich atme die Vielfalt 
Lass los was mich quält
Ich umarme die Liebe weil es sie gibt
Ich umarme das Leben weil es mich liebt

Stephanie Heinen


Manuela D. schrieb vor 1 Jahr

Das Gedicht ist der Hammer, da läuft ein Film vor meinem inneren ab.
Das Fliegen
Das Einatmen
Den Widerstand aufgeben um zur Ruhe zu kommen
Die Liebe umarmen…..
ein wahnsinnig toller, tiefer Text, den ich umarme.

Danke Steff für diese Zeilen!

Judith schrieb vor 1 Jahr

Liebe Stephanie!
Vielen Dank für deine ehrlichen Worte und das wunderbare Gedicht!
Ich finde es sehr mutig- gerade in einer Gesellschaft, wo Leistung und Zwänge regieren. Du bist ja viel mehr als nur deine Stimme! Wenn man sich zu sehr auf ein herausragendes Merkmal konzentriert und scheinbar ein Großteil der Lebensenergie nur davon abhängt, wird’s eng. Daher Danke für deine weite Sicht und die Offenheit für das Jetzt! Das inspiriert!

Stephanie schrieb vor 1 Jahr

Liebe Ele und liebe Judith,
danke für euren Kommentar. Es freut mich, dass euch beide das Gedicht so anspricht und dich Judith meine Offenheit. Es hat lange gedauert, bis ich so weit war, meine Stimmlosigkeit an die Öffentlichkeit zu bringen. Diese Zeit habe ich wirklich gebraucht und jetzt fühlt es sich sehr gut an. Auch wenn ich Offenheit und Verletzlichkeit ja sehr schätze und ich es im persönlichen Kontakt schon lange bin, ist es nochmal eine ganz andere Sache, es über social media zu sein…

Dietmar Werkmeister schrieb vor 1 Jahr

Liebe Stephanie, beim Lesen Deiner Zeilen gehen mir ein paar Dinge durch den Kopf. Ich schreibe Gedichte und ich hab so von 2017 bis zum letzten Jahr kaum was zustande gebracht. Ich war ohne es zu wissen auf dem Weg in eine Depression und hatte den Kontakt mit meiner Seele verloren. Dann hat sich seit dem letzten September etwas privat verändert nachdem ich den Kontakt zu einer wichtigen Freundin, den ich vor vielen Jahren abgebrochen hatte, wieder aufgenommen habe. Das war meine beste Entscheidung in den letzten 20 Jahren und jetzt sprudeln die Gedichte wieder einfach so aus mir raus. Ich würde Dir auch von Herzen wünschen, dass etwas passiert, was Dir die Stimme zurückgibt. Im Moment ist es aber auch gut, es anzunehmen so wie es ist. Das machst Du schon richtig. Unsere Seele funktioniert nicht wie eine Maschine und oft verstehen wir sie selbst nicht. Wenn Deine Seele nicht im Gleichgewicht ist, dann ist es irgendwie nachvollziehbar, dass Du nicht singen kannst, denn Gesang ohne Seele funktioniert einfach nicht. Auch dazu kann ich etwas sagen, weil ich in meinen fast 53 Lebensjahren schon in verschiedenen Chören gesungen habe und bei Auftritten auch schon Soloparts übernommen habe. Einmal hab ich ein Solo kurz vor dem Auftritt abgesagt weil ich seelisch einfach nicht dazu in der Lage war. Ich hatte einen Tag vorher meinen Job verloren und hätte in der Situation nicht voll Kraft und Energie einen Gospelsong singen können. Meine Chorleiterin war nicht begeistert, aber sie musste damit leben. Ich wünsche Dir Kraft in der gegenwärtigen Situation, Geduld und Hoffnung. Du kannst mich auch per Mail anschreiben und ich werde Dir antworten.
Herzlich grüßt Dich Dietmar Werkmeister

Lise schrieb vor 1 Jahr

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